Interview zum Welt-Suizid-Präventionstag mit dem zweiten Vorsitzenden des „Landesnetzwerk Selbsthilfe seelische Gesundheit Rheinland-Pfalz (kurz NetzG-RLP e.V.)“ Franz-Josef Wagner
Heute ist der Welt-Suizid-Präventionstag! Jedes Jahr sterben in Deutschland ungefähr 9.000 Menschen durch Suizid. Um die Öffentlichkeit auf die weitgehend verdrängte Problematik der Suizidalität aufmerksam zu machen, findet jedes Jahr der Welttag der Suizidprävention statt. (Quelle: www.welttag-suizidpraevention.de) NetzG-RLP ist ein gemeinnütziger Verein in Rheinland-Pfalz der sich ebenfalls mit dieser Thematik beschäftigt und in diesem Jahr sogar 25-jähriges Jubiläum feierte. Die Gründer_innen dieses Landesverbandes rufen alle Psychiatrie-Erfahrenen auf, sich auf Orts-, Kreis- und Landesebene zusammenzuschließen, um ihre Sichtweisen und Erfahrungen mit psychiatrischen Strukturen in Rheinland-Pfalz in all ihren Formen zum Ausdruck zu bringen, eigene Ziele und Forderungen in der Öffentlichkeit zu formulieren und ihre Interessen durchzusetzen.
LAG Selbsthilfe RLP e.V.: Herr Wagner Sie sind nicht nur zweiter Vorsitzender des NetzG-RLP e.V., sondern auch erster Vorsitzender des Bundesnetzwerk Selbsthilfe seelische Gesundheit. Wie ist Ihre Geschichte, wie sind Sie zum Verein NetzG-RLP e.V. gestoßen?
Franz-Josef Wagner: Ich habe mich damals in einer schwierigen Situation befunden. Ich war depressiv und habe in einer Tagesklinik mein damaliges Leben gelebt. Ich habe bis zu 22 Stunden täglich im Bett verbracht. Ich bin durch die Empfehlung eines Patienten auf den Bundesverband Psychiatrie Erfahrener aufmerksam gemacht worden. Wir gründeten daraufhin eine Selbsthilfegruppe in Trier. Ich habe den Weg dort hingefunden und meine Situation verbesserte sich stetig. Letztendlich wurde ich Gründungsvorstandsmitglied des Landesverband Psychiatrie Erfahrener und heute NetzG-RLP e.V. Diese Arbeit hat mir geholfen eine Tagesstruktur zu finden und ich bin heute ein glücklicher Mensch, der Spaß am Leben hat. Geld macht nicht glücklich, sondern ein verlässliches und soziales Umfeld schenkt Lebensqualität.
LAG Selbsthilfe RLP e.V.: Warum ist es wichtig, dass es gemeinnützige Vereine gibt, welche Selbsthilfeangebote anbieten?
Franz-Josef Wagner: Ich bin das beste Beispiel. In einer depressiven Phase habe ich mich als Fremder gefühlt. So als wäre ich in einem fremden Land und spreche die Sprache nicht. Durch Selbsthilfetreffen und den Kontakt mit anderen Menschen, die ähnliche Empfindungen hatten wie ich, lernte ich, mich nicht allein zu fühlen. Gegenseitige Unterstützung macht Mut und hilft die eigene Situation besser zu verstehen. Noch heute gibt mir der Verein durch meine Tätigkeit und den Austausch mit Gleichgesinnten Struktur, Halt und Gleichgewicht. Selbsthilfegruppen sind für den Heilungsprozess ein wesentlicher Bestandteil und bieten zudem auch nach einer Krisenüberwindung weiteren Halt, um nicht in alte Muster zu verfallen.
LAG Selbsthilfe RLP e.V.:
Zum Welttag der Suizidprävention gab es eine Pressemitteilung des Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland, der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention und der Deutschen Akademie für Suizidprävention. Dort fordern Verbänden flächendeckende dauerhaft finanzierte Angebote für Menschen, die sich in suizidale Krisen befinden. Dazu müssen vorhanden Hilfsmöglichkeiten ausgebaut und verstetigt werden. Stimmen Sie dieser Forderung zu?
Franz-Josef Wagner: Dieser Forderung stimme ich zu. Aktuell gibt es kein bundeseinheitliches Krisentelefon für Menschen mit suizidalen Gedanken. Es bedarf einer professionellen Kontaktstelle die sofort Hilfe leisten kann. In unserem aktuellen Heft „Leuchtfeuer“ Ausgabe 25 berichten wir ebenfalls über die Wichtigkeit der Prävention. Das Pfalzklinikum hat vor sieben Jahren die Initiative „Die Pfalz macht sich/dich stark- Wege zur Resilienz“ gegründet. Diese Resilienz-Initiative ist ein Zusammenschluss von unterschiedlichen Organisationen unter der Federführung des Pfalzklinikums mit dem Ziel, die Präventionsarbeit im Bereich seelischer Gesundheit in der Region Pfalz zu stärken. Für weitere Informationen können Sie unsere Leuchtfeuer Ausgabe downloaden: https://www.netzg-rlp.de/fileadmin/downloads/Leuchtfeuer-25.pdf
LAG Selbsthilfe RLP e.V.: Welcher Aspekt bezogen auf psychische Erkrankungen ist ebenfalls von großer Bedeutung?
Franz-Josef Wagner: Lebensqualität. Menschen mit physischen Problemen dürfen nicht eingesperrt und isoliert werden. Über geschlossene Heime und psychiatrische Anstalten spricht keiner. Isolierung fördert nicht die Lebensqualität und somit auch nicht den Genesungsprozess.
LAG Selbsthilfe RLP e.V.: Wo können sich Menschen die Hilfe aufgrund einer physischen Erkrankung in Rheinland-Pfalz benötigen, hinwenden?
Franz-Josef Wagner: Neben ärztlicher Beratung und Betreuung ist unser Verein natürlich offen für Menschen die Hilfe suchen. Weitere Kontaktmöglichkeiten in akuten Krisensituationen finden Sie auf unserer Homepage: https://www.netzg-rlp.de/links/wir-koennen-helfen/
LAG Selbsthilfe RLP e.V.: Vielen Dank für den Austausch anlässlich des „Welttag der Suizidprävention“ und wir wünschen Ihrem Verein und dem neu gewählten Vorstand weiterhin viel Erfolg und freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit.
Hier im Bild: Links: Franz-Josef Wagner (1. Vorsitzender Bundesnetzwerk Selbsthilfe seelische Gesundheit) und rechts: Manfred Schneider (1. Vorsitzender NetzG-RLP)
Hinweis: DIE GRÜNE SCHLEIFE
Für mehr Akzeptanz von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Krisen in unserer Gesellschaft, gegen das Stigma psychischer Erkrankungen und weil es jeden dritten im Laufe seines Lebend treffen kann!
Die Schleife als Symbol der Solidarität ist bekannt aus den Kampagnen (rote Schleife: Aidshilfe und rosa Schleife: Brustkrebs). Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Seelische Gesundheit in Berlin und anderen Initiativen, haben wir entschieden, die grüne Schleife auch in Deutschland ins Leben zu rufen, in Australien bspw. gibt es die Schleife schon länger.
Alle Informationen unter: www.eckhard-busch-stiftung.de.